Dienstag, 30. Juni 2009

In New York - Abfahrt morgen, am 1. Juli

Liebe Leser,

nachdem mich schon einige „Warum schreibst du nichts mehr“ und „Was ist passiert?“ Mails und sogar ein Anruf meiner Eltern erreicht haben, nun noch schnell ein Update … Es freut mich sehr, dass doch so viele Leute unsere Reise verfolgen! Warum ich bisher noch nicht geschrieben habe? Nun, zweierlei Gründe. Einerseits können Sie sich vorstellen, dass solch eine gigantisch große Stadt wie New York eine Menge Ablenkung bietet. Ich habe in den letzten zwei Tagen - genau wie schon 2006 nach meiner Reise mit Maverick - die ganze Stadt zu Fuß erkundet. Und mir bereits zwei dicke Blasen gelaufen. New York ist einfach Wahnsinn. In Worten gar nicht auszudrücken. Diese Vielfalt, diese Masse an Eindrücken. Von Block zu Block verändert sich die Szenerie, das Leben, jeder Straßenzug hat sein eigenes Flair. Dazu die vielen Gerüche! Straßenverkäufer, die Hähnchenspieße grillen, Hotdogs, Chinaimbisse. Von überall wird man von Eindrücken zugeschüttet, sodass ich jeden Abend hier ziemlich erschöpft und überfordert auf dem Boot angekommen bin.

Die andere Sache, die mich in den letzten Tagen beschäftigt und mir Sorge bereitet hat, ist eine Hiobsbotschaft, die mich vor etwa einer Woche erreicht hat: Meine Freundin, die ebenfalls wie ich in Kiel wohnt, wurde ins Krankenhaus eingeliefert. Und das schlimme ist: Man weiß nicht, was es ist. Von Tag zu Tag ändern sich die Diagnosen. Und ich sitze hier, am anderen Ende der Welt und kann nichts tun, kann sie nicht einmal im Krankenhaus besuchen. Das bedrückt mich gerade sehr. Täglich telefonieren wir über Skype und es ist so ein herzzerreißendes Bild, sie per Webcam im Krankenhausbett zu sehen, von den vielen Untersuchungen und schmerzhaften Tests zu erfahren - und nicht dabei sein zu können.

...

Hier in Kürze, was in den vergangenen Tagen sonst noch passiert ist:

Wir sind am Freitagabend gegen 9 Uhr abends hier in New York angekommen. Genauer haben wir uns für die New-Jersey-Seite des Hudson River entschieden, von der man schnell mit der Fähre in der City ist. Die erste Nacht konnten wir sogar kostenlos liegen, weil wir so spät ankamen (wer hätte das in New York gedacht?!), am Samstagmorgen sind wir dann mit einer Geschwindigkeit von nur 1,5 - 2 Knoten über Grund gegen bis zu 3,5 Knoten Strömung den Hudson River hinauf gedampft, um in der Lincoln Harbor Marina festzumachen, die sich genau gegenüber der 40igsten Straße, der Höhe des Empire State Buildings, befindet. Von hier läuft man etwa 1,5 km nach Norden, gelangt zu einem Fährterminal und kann von dort hinüber in die City fahren. Abends hat man selbst vom Boot aus quer über den Hudson River einen tollen Blick auf die beleuchtete Stadt und kann verstehen, warum Frank Sinatra singt „a city that never sleeps“. So groß ist die Stadt dann allerdings doch nicht, wie man es sich vorstellt. Heute Mittag fuhr ich mit der Fähre hinüber in die City und durchlief planlos halb Manhattan auf vielen kleinen Nebenstraßen, um etwas vom Leben dort zu sehen. Etwa 3 Stunden später fuhr auch Egi mit der Fähre hinüber in die 1,6 Millionenstadt, ebenfalls ohne feste Pläne, was er sich angucken will. Keine Stunde später liefen wir uns dann in Greenwich Village zufällig über den Weg. Unglaublich! Ich fand es schon einen wahnsinnigen Zufall, dass wir auf dem Transatlantikflug von über 230 Passagieren im Airbus genau nebeneinander sitzen, aber wie wahrscheinlich ist es denn, sich in Manhattan über den Weg zu laufen?! Ich sollte morgen anfangen, Lotto zu spielen :-)

Morgen werden wir auch nochmal unseren Proviant nachfüllen. Einige Sachen haben sich auf der 4 tägigen Überfahrt von Deltaville hierher als sehr, sehr lecker erwiesen. Da wird nachgekauft. Auf meiner Liste zum Beispiel „Cheez-it“-Käsekräcker (toll für die Nachtwache, da hat man was zum knabbern) und blaues „Powerade“. Auf unserer Instant-Kaffee-Dose stand zwar etwas von 160 Tassen, aber auch da fällt der Pegel bereits jetzt beträchtlich. Und das wäre ja schrecklich, auf dem Atlantik ohne Kaffee! Mir haben schon öfters mal Leute erzählt, das Wort „Kaffee“ wäre mit Abstand das meist genannte. Danach fiel mir dann auch auf, dass mir Leute, die das Buch gelesen haben - auch wenn ich sie gar nicht kenne - bei jeder Gelegenheit sofort einen Kaffee anbieten ;-)

Wasservorräte müssen wir morgen auch noch ein bisschen Nachfüllen. Das Wasser aus unserem Tank stinkt entsetzlich. Da er keine Inspektionsluken hat und auch das mehrfache Durchspülen noch keine Besserung brachte, fahren wir die vollen Tanks nun nur als Ballast und Reservewasser durch die Gegend, aber versorgen uns komplett aus Kanistern und Flaschen. Morgen Vormittag steht auch noch Wäschewaschen auf dem Plan. Hier im Hafen gibt es glücklicherweise sowohl Maschine als auch Trockner. Ansonsten steht dann einer Abfahrt Mittwoch gegen Mittag (18 Uhr deutscher Zeit) nichts mehr im Wege!

Nun aber erstmal ein paar Bilder. Auch die Berichte der letzten Tage von See habe ich mit Bildern bestückt. Fotos per Iridium-Satellitentelefon hoch zu laden ist zwar auch möglich, aber wir wollen uns aus Kostengründen auf ein paar wenige während der eigentlichen Atlantiküberquerung beschränken. Wenn wir am Mittwoch starten, wird man auch unter „Positionen“ täglich den Fortschritt verfolgen können. Die Karte ist schon eingerichtet. Falls es Probleme mit dem Anzeigen geben sollte, auf „aktualisieren“ klicken und ansonsten bitte melden! Habe schon gehört, diese Seite soll bei manchen Browsern Anzeigeprobleme hervorrufen. Es wird daran gefeilt.

Bis dahin: Schöne Grüßen vom Hudson-River!

Johannes

Lange kämpften wir gegen den Hudson an, bis wir die Brücke vor dem Hafen von New York

erreichen.Als Belohnung gönnen wir uns jeder eine "Brückencola" ;-)

Egi freut sich.

New York begrüßt uns mit einem Regenbogen.

Wir nutzen das tolle Licht und die langsame Fahrt gegen den Strom, …

… um Fotos vor der Skyline zu machen.

Kurz vor Sonnenuntergang passieren wir "Miss Liberty" und Ellis Island, der früheren Immigrationsinsel, wo alle Einwanderer registriert wurden.

Ein paar Meilen flussaufwärts biegen wir links ab …

… und liegen mit Blick auf die Skyline.

Sonntagmorgen geht es weitere 4 Meilen Flussaufwärts in die Lincoln Harbor Marina, die unser Liegeplatz bis zur Abfahrt sein wird.

Am 1. Juli werden wir, vorrausgesetzt das Wetter spielt mit, wie dieser Segler den Hudson hinuntersegeln und Kurs auf die Azoren nehmen.

Bis dahin liegt die Gavdos im starken Schwell des Hudson und wird kräftig durchgeschaukelt.

In der Zwischenzeit treiben wir uns in der Großstadt herum und sammeln Eindrücke.

Samstag, 27. Juni 2009

Vierter Tag auf See - Noch 35 Meilen bis zur Skyline von New York!

Liebe Leser,

ein letzter Bericht vom Iridium, bevor wir heute abend - hoffentlich! -
in einem Yachthafen liegen und wieder ganz normal Internet haben.

Nur ein 82er Etmal war es die vergangene Nacht, was vor allem an den
flauen Winden aus Süd lag, die uns weiter nur mit etwa 3-4 Knoten nach
Norden schoben. Gestern abend gegen neun hörten wir dann im
Wetterbericht eine Sturmwarnung für "schwere Gewitter". Kurz darauf ging
es auch schon los: Der Himmel zog sich zu, Blitze zuckten im Norden ins
Wasser. Genau dort, wo wir hin wollten. Also drehten wir vorerst auf
Ost, nahmen das Groß weg und ließen uns nur noch von der halb
weggerollten Genua ziehen, die wir kurs darauf ebenfalls wegnahmen, als
das Gewitter näher kam. Ein beeindruckendes Bild war es allemale, aber
auch schon ein wenig beängstigend. Ich hatte zwar auf Maverick hier vor
der amerikanischen Küste schon alle Nase lang ein Gewitter getroffen,
aber noch nie ein zuvor über UKW angekündigtes. Die haben ganz schön
Panik gemacht, die Wetterfrösche. Und was über dem Land herunter kam,
war die Panik auch definitiv wert. Ich glaube, jeder Segler, der
schonmal an dieser Küste unterwegs war, kann bestätigen: Ein Gewitter in
Deutschland ist harmlos gegen das beängstigende Knallen und Donnern
eines Gewitters in Amerika. Der Temperaturunterschied zwischen den
heißen Tagen und kühlteren Nächten scheint es zu sein, der fast jede
Nacht irgendwo am Horizont ein Gewitter zucken lässt. Meist waren das
bei meiner letzten Reise hier in den USA 2006 nur Höhengewitter - aber
das gestern zuckte bis in den Atlantik. Also saßen wir hier unter Deck,
alle Segel unten und alle Schotten dicht. Auf dem Radar konnten wir die
Gewitterfront gut ausmachen. Auch, wohin sie sich bewegte. Obwohl es
vorher noch so aussah, als würde sie direkt auf uns zu ziehen, teilte
sie sich plötzlich genau in der Mitte und zog rechts und links an uns
vorbei!! Was für ein Wunder! Ich konnte es nicht glauben, als sich auf
dem Radar ganz klar in der Mitte des Gewitters eine Spalte öffnete, wir
Segel setzen und genau in der Mitte hindurch fahren konnten.

Den Rest der Nacht blieb das Unwetter bis vier Uhr morgens, dem Ende
meiner Wache, immer noch neben uns und zog dann ab. Gegen Vormittag
schlief der Wind ein, weshalb nun neben mir im Maschinenraum der kleine
Volvo knattert. Noch etwa 15 Meilen bis zum Wegpunkt in der Ansteuerung
des Hafens. Dann noch etwa weitere 20, bis wir - wenn wir einen Platz
bekommen, in der Lincoln-Harbor-Marina am Hudson-River, gegenüber der
Skyline von Manhattan festmachen. Vielleicht kommt bis dahin ja auch
noch ein klein wenig Wind auf. Das Knattern und vor allem Selbersteuern
nervt. Unsere Monitor-Selbststeueranlage funktioniert nur solange wir
segeln. Wir wir schon an der Mündung der Chesapeake Bay festgestellt
haben, sind beide Kompasse der alten Autohelm-Pinnenpiloten kaputt.

Die Fliegenplage, von der ich gestern geschrieben habe, geht weiter. Wie
es scheint, haben wir nicht alle selbst mitgebracht, sondern sie kommen
von Land her zu uns herüber geflogen. Erstaunlich, weil wir zum Teil
über 20 Meilen von der Küste weg waren. Gestern hielt ich den Highscore
- Egi hatte etwa 20 Fliegen erlegt, ich um die 30. Heute hat Egi bereits
gewonnen: Im Morgentau waren ganz viele Fliegen, Mücken und sonstiges
Geflatterzeugs gelandet. Auch ein paar echt dicke Brummer, das gibt
extrapunkte. Er brauchte nur mit dem Handtuch draufschlagen - und ich
hatte keine Chance mehr, seine Punktzahl einzuholen.

Morgen melde ich mich aus New York - dann hoffentlich auch mit Bildern!

Johannes

Freitag, 26. Juni 2009

Position vergessen!

Heutige Mittagsposition war genau 39 Grad Nord und 74 Grad, 21 Minuten
West.

Gruß,

Johannes

Dritter Tag auf See - Fliegen und Flaute

Liebe Leser,

seit gestern Mittag sind wir ein Etmal von 92 Meilen gelaufen, was recht
brauchbar ist, angesichts der Tatsache, dass der Wind in den letzten 24
Stunden mehr als flau war und uns nun seit etwa 10 Minuten ganz
verlassen hat. Auf dem GPS stehen noch 85 Meilen bis New York und wir
können hoffen, dass wir morgen kurz nach Mittag Bordzeit an der
Freiheitsstatue vorbei segeln.

Gestern Mittag drehte der Wind in laufe meiner Wache auf Nord - das
hieß für uns kreuzen. Ein Schlag brachte uns dicht unter Land, man
konnte den Strand klar sehen. Gegen Nachmittag drehte er dann immer
weiter auf Süd. Die letzte Nacht war dann ruhig, bis auf das Passieren
des Verkehrstrennungsgebiets an der Delaware Bay, wo einige Tanker auf
Reede lagen und andere auf dem Weg in die Bucht. Slalomsegeln hieß das
für uns. Unter Butterfly - ausgebaumter Genua und Groß gar nicht so
einfach.

Die letzten Stunden der Nachtwache gehörten mir. Um 7 Uhr starteten wir
mit Kaffee und Pancakes (!) in den Tag. Gestern gab es Kaffee, scrambled
Eggs und Bacon. Ganz schön dekadent ;-)

Ansonsten scheinen wir uns langsam wieder an das Seesegeln zu gewöhnen.
Die Seebeine kommen wieder und Seekrank war auch noch keiner. Auch das
Wasser wird, je weiter uns die Schläge hinaus auf den Atlantik bringen,
immer blauer. Funkelt in Farben, die man nirgendwo anders in solch einer
Intensität sehen kann. Morgens einen Sonnenaufgang auf See zu erleben,
wenn die Sonne sich langsam aus dem blauen erhebt, den Tag erhellt und
erwärmt und die weite des Meeres erstmal richtig bewusst macht, gehört
wohl zu den faszinierendsten Dingen, die man im Leben erleben kann.

Einzig nervig an Bord sind hier eine großfamilie von Fliegen, die wir
mitsamt einiger Stechmücken mit auf den Weg nach New York genommen
haben. Die Moskitos in Deltaville waren sehr stechfreudig, ich habe nur
an meinen Füßen 77 Mückenstiche gezählt. Alles in allem etwa 120. Auf
dem Rücken kann ich so schlecht zählen. Eine Salbe mit dem
vielversprechenden Namen "Anti-Itch-Cream" aus dem amerikanischen
Supermarkt hat ein wenig Abhilfe vor dem Jucken gebracht. - Was mich
erstaunte, denn die Salbe ist laut Aufdruck nicht nur speziell für
Mückenstiche gedacht, sondern eigentlich für ALLES, was jucken kann.

Die Stechmücken haben bereits die ersten zwei Tage nicht überlebt. Sie
standen auf der Schwarzen Liste ganz oben - während der Nachtwache hatte
man ja Zeit, sich ihrer zu entledigen. Aber jetzt werden auch die
Fliegen immer nerviger, setzen sich auf Arme und Beine und beißen zu.
Ja, tatsächlich, es scheint sich um spezielle Vampir-Fliegen zu handeln.
Egi ist gerade mit einer Fliegenklatsche im Cockpit auf Jagd. Eine
Riesensauerei - die Viecher sind vollgesogen mit Blut und machen dicke
Flecken ;-)

Genug von den Fliegen.

Wir melden uns beim nächsten Update nicht mehr wie heute per Iridium,
sondern dann hoffentlich schon aus New York!

Johannes

Aus dem Nebel taucht Atlantik-City auf

Butterfly nach Norden

Die Monitor-Windsteueranlage macht ihren Job gut!

Schwacher Wind - aber es geht voran!

Navigation entlang der Küste

Donnerstag, 25. Juni 2009

Auf dem Weg nach New York - Tag 1

Liebe Leser,

24 Stunden sind wir nun genau unterwegs und haben ein Etmal von 110
Seemeilen ersegelt. Das ist nicht wirklich Preisverdächtig. Aber wenn
man den Wind berücksichtigt, den wir gestern und heute Morgen hatten,
ist das wirklich gut! Mit nur 6-8 Knoten wehte es gestern, als wir unter
Groß und Genua aus der Fishing Bay hinaussegelten. Glücklicherweise kam
das bisschen Wind aber zumindest aus Norden, schob uns zusammen mit dem
Strom und etwa 5,5 Knoten Fahrt die ganzen 40 Meilen die Chesapeake Bay
hinunter. An der Mündung der Bay gibt es eine etwa 20 km lange Brücke,
die an zwei Stellen zu einem Tunnel wird. Die Brücke selbst ist nur etwa
10 Meter über dem Wasser und damit auch große Frachtschiffe sie
passieren können, um beispielsweise nach Norfolk zu gelangen, wo sich
ein großer Navy-Stützpunkt befindet, hat man sich anstatt dafür die
Brücke zu erhöhen halt für einen Tunnelbau entschieden. Ein ulkiges
Bild. Ich hab soetwas noch nie gesehen, aber es war sehr beeindruckend,
die LKWs auf der hohen Brücke plötzlich unter der Erde verschwinden und
auf der anderen Seite wieder auftauchen zu sehen.
Gegen 20 Uhr Abends passierten wir den Tunnel/Brücke und segelten hinaus
auf den Atlantik. Der Wind drehte auf Südwest, wehte weiter mit etwa 8
Knoten und schob und gemächlich mit 4,5 Knoten nach Nordosten.
Wir haben uns hier an Bord für einen etwas vom normalen
4-Stunden-Wachtakt abweichenden Wachplan entschieden: Von 22-1 Uhr
wachte gestern Egi, ich übernahm dann die Wache von 1-4 Uhr, dann wieder
Egi von 4-7 Uhr, zwischendurch gemeinsames Frühstück - und nun habe ich
gerade meine letzte Wachstunde während meiner 8-13 Uhr Wache. Vorteil
ist, dass wir so nachts eine Stunde weniger haben, tagsüber eine Stunde
länger schlafen können und an den Stoßzeiten, Frühstück, Mittag- und
Abendessen, zusammen essen können. Das verhindert, dass man - wie es
schon manch einem geschah - nach Wochen auf See an einem anderen Hafen
ankommt, sich durch die abwechselnden Wachtakte wochenlang nicht gesehen
hat und wundert, dass man doch kein Einhandsegler ist ;-)

Nun hat der Wind gedreht, kommt genau aus Nord. Gegenan. Doof. Dafür mit
10 Knoten. Erst konnten wir nur Kurs Ost laufen, nach einer Wende nur
Kurs West, jetzt laufen wir etwa 330 Grad. Das hilft schon etwas. Wir
können nur hoffen, dass der Wind noch weiter dreht und wir nicht den
ganzen Weg nach New York kreuzen müssen!

Parallel zu diesem Text lade ich gerade über Kurzwelle eine Wetterkarte
herunter. Bin gespannt, was die bringt. Das Wetter ist auf jeden Fall
angenehm warm, sonnig, herrlich. Jetzt nur noch Wind aus der richtigen
Richtung, bitte!

Unsere Position: 37 Grad 40 Minuten Nord, 075 Grad 14,5 Minuten West.

Viele Grüße!

Johannes

Mittwoch, 24. Juni 2009

Endlich unterwegs nach New York!

Liebe Leser,

wir sind endlich unterwegs. Diese Zeilen sind die letzten, die über das Wireless-Netzwerk der Fishing-Bay an der Mündung des Rappahanock-River auf diese Website gelangen. Es ist hier gerade neun Uhr morgens, der Kaffee dampft, gleich werden wir wohl noch ein paar Pancakes oder Eier in die Pfanne werfen und dann Anker auf gehen.

Vorgestern waren wir aus Deltaville hier rüber gesegelt, hatten die Diesel- und Wassertanks bis zum Anschlag gefüllt und uns noch einen Tag in der Marina zum Wäschewaschen gegönnt. Gestern waren wir dann mit geliehenen Fahrrädern nochmal im Ort, um uns mit frischen Lebensmitteln zu versorgen. Ganz merkwürdiges Gefühl, auf einem FAHRRAD in den USA unterwegs zu sein. Bisher hatte ich hier noch nicht viele gesehen.


Die letzte Nacht haben wir nun direkt vor der Marina vor Anker verbracht. Eigentlich hatten wir die Abfahrt bereits für Sonntag geplant und wären auch soweit fertig gewesen, aber anhaltende und stärkere Nordwinde hätten es uns schwierig gemacht, nach der Mündung der Chesapeake Bay nach Norden in Richtung New York zu segeln. Also mussten wir warten. Heute Weht der Wind nur noch mit 5-10 Knoten aus Norden, soll aber um Mitternacht herum auf Süd drehen. Perfekt also, um nach New York zu gelangen. Luftlinie sind das etwa 210 Meilen. Mit dem Südkurs zur Mündung der Bay werden es aber sicherlich 260 werden. Wir rechnen – je nach Wind – mit etwa 2-3 Tagen für die Strecke.

Festmachen werden wir in New York dann vorraussichtlich gegenüber von Manhattan direkt im Hudson River. Von dort kommt man gut mit der Fähre in die City und der Liegeplatz ist zwar immens teuer, aber noch nicht so teuer, wie er direkt in Manhattan wäre.

Einen großen Teil dieser gesamten Reise wollen wir der Filmerei widmen. Egi hat zu diesem Zwecke einige besondere Konstruktionen entwickelt, die es ermöglichen, das Boot aus ganz ungewöhnlichen Perspektiven zu filmen. Hier seht ihr eine kardanisch aufgehängte Außenbords-Kamera. Wir sind sehr gespannt, ob sich auf dieser Probefahrt nach New York alles bewähren wird.


Während dieser Überfahrt wird es unter "Positionen" leider keine Updates geben, dann aber während der Atlantiküberquerung nach dem Start in New York täglich. Aber ich werde auch in den nächsten Tagen täglich auf diesem Blog berichten, was wir entlang der Ostküste so treiben. Die Aktualisierung funktioniert ganz ausgezeichnet per Iridium-Telefon.

Viele Grüße und bis bald!

Johannes

Montag, 22. Juni 2009

Unter Segeln ...


... auf dem Weg nach Fishing Bay, gleich um die Ecke. Wasser und Diesel tanken. Ein befreiendes Gefühl, endlich mal ein paar Meilen unterwegs zu sein. Wetterbericht sagt immer noch Gegenwind bis Mittwoch voraus, dann gegen Abend auf Süd drehend. Eben überholt uns an Backbord eine australische Yacht, die offenbar ebenfalls in die Bucht will. Wind sind etwa 2-3 Windstärken, wir laufen mit 4,5 Knoten. Dieser Eintrag kommt vom Handy. Bin gespannt, ob wir heut abend wieder Internet haben. Anmerkung am Rande: Happy Birthday an meinen Vater! ;-) Schade, dass ich an diesem Tag so weit weg bin. Und an dieser Stelle auch ein DANKE für alles, was ihr mir immer wieder ermöglicht. Ich werd heut ganz besonders viel an euch denken. Esst ein Stück von Mutters Erdbeerkuchen für mich mit. Was würde ich gerade für eine echte Tasse Kaffee geben. Bei uns an Bord gibts nur Instant-Pulver ;-) Viele Grüße von der Chesapeake-Bay! Euer Johannes

Sonntag, 21. Juni 2009

Immer noch Bastelstunde – und eingeweht! Abfahrt am Mittwoch.

Liebe Leser,

das war wohl nichts, gestern Abend wie angekündigt noch einen Bericht zu tippen … Nach einer Einladung an Bord der „Two Loose“, die einige Boxen neben uns liegt, wurde es spät. Annette und Peter, die den ganzen Sommer auf ihrer Island Packet 45 leben, empfingen uns an Bord mit eisgekühlten Drinks, Chips und Salsasauce. Interessante Gespräche. Die beiden waren früher bei der US-Navy und sogar einmal zwei Jahre in Bremerhaven stationiert. Annettes „Kindergarten-German“, wie sie es nannte, war erstaunlich gut, man konnte sich richtig mit ihr unterhalten, obwohl wir dann doch lieber bei Englisch blieben. Wir erfuhren eine Menge über ihr Leben in der Navy, die Navigation per Sextant (den wir auch an Bord haben und zeitweise damit navigieren wollen), Kurzwellenfunk (mit dem wir unsere Wetterkarten empfangen wollen) und das Leben in den USA. Wir erzählten auch von unseren Leben in Deutschland, wie Egi auf den Namen „Gavdos“ (einer griechischen Insel und dem südlichsten Punkt Europas) kam, tauschten Website-Adressen aus und amüsierten uns Prächtig. Nach drei Drinks, einer Tüte Chips und drei Stunden an Bord bekamen wir die besten Wünsche für unsere Reise über den Atlantik mit auf den Weg – und wankten zurück zur Gavdos.

Den vorausgegangenen Teil des Tages hatten wir mit weiteren Arbeiten am Boot verbracht. Ich habe endlich die Überholung der Elektrik abgeschlossen und das Iridium-Satellitentelefon mit dem Laptop verbunden, was hervorragend funktioniert – Egi weitere Leinen im Rigg ausgetauscht und seine selbstgebaute Winsch für die Kameradrachen installiert.





Heute wollten wir eigentlich rüber in die Fisherman‘s Bay, etwa drei Stunde um die Landhuk herum verlegen, um dort Wasser zu tanken, eine weitere Nacht zu ankern und dann bald Kurs New York zu gehen – aber das Wetter machte uns wieder mal einen Strich durch die Rechnung: Nachdem im Verlauf des gestrigen Tages immer wieder schwere Gewitter über uns hinweg gezogen waren, bläst der Wind heute aus allen Rohren – und auch noch aus Norden. Dort, wo wir hin wollen. Der Wetterbericht über UKW-Funk sagt erst am Mittwoch einen Winddreher auf Süd voraus. Wir hoffen, dass er vielleicht schon etwas früher kommen wird. Aber bis dahin sitzen wir hier wohl erstmal fest. Morgen soll der Wind zumindest eine wenig herunterdrehen. Gelegenheit, in die Fisherman‘s Bay zu verholen und dort vor Anker den weiteren Verlauf abzuwarten.

Hier ist es jetzt gerade halb 1 Mittags. Egi brät ein paar Pancakes, ich beantworte aufgestaute Emails. Die letzten Tage waren so turbulent, ich bin zu nichts gekommen.

Wir werden sehen, was das Wetter macht.

Fantastische Nachrichten heute: Boris Herrmann und Felix Oehme haben das Portimão Global Ocean Race gewonnen! Ein historischer Sieg eines deutschen Teams in einem Ozeanrennen – das erste Mal seit Illbruck in 2000. Während meiner Praktikumszeit in der Yacht-Redaktion habe ich täglich auf Yacht-Online über die Fortschritte berichtet. Ein tolles Rennen sind sie gesegelt – und hatten dazu eine spannende Berichterstattung im Internet. Gratulieren kann man den beiden hier: www.beluga-racer.com

Ebenfalls sehr Interessant: Auf Uwe Röttgerings OSTAR-Seite gibt es jetzt ein kurzes Video, in dem sich alle Teilnehmer vorstellen. Ich habe die Regatta ebenfalls ganz gespannt und täglich verfolgt. Würde die Teilnahme an solch einem Hochseerennen mein Segelbudget nicht um einige Fantastilliarden übersteigen, würde ich soetwas auch gern mal machen :-)

Johannes

Samstag, 20. Juni 2009

Erste Testmail vom Iridium-Handy

... wenn diese Mail lesbar ist, funktioniert der Mailversandt vom Laptop
über das Iridium Handy direkt an den Blog :-)

Wir liegen noch immer in Deltaville an der Pier. Ich habe eben die
Instandsetzung und Änderungen an der Bordelektrik abgeschlossen, Egi
ein paar neue Leinen für die Backstagen und die Rollanlage der Genua
eingeschoren und das Stagsegel angeschlagen. Da es morgen vielleicht
schon nach New York gehen soll (drei Tage nonstop), habe ich mich nun
daran gemacht, die Software für die Datenübertragung per
Satellitentelefon zu installieren und auszuprobieren. Bisher hatte
ich noch keine Zeit dafür und auch ein bisschen viel Respekt. Stellte
mir das sehr kompliziert vor. 10 Minuten später sende ich nun diese Mail
hier als Testmail - und bin sehr gespannt. Wie genau soetwas
funktioniert, könnt ihr auf www.smartsatcom.de nachlesen.

Heut abend (bzw. für euch morgen früh) gibt es wieder einen neuen
Bericht!

Viele Grüße,

Johannes

Verproviantierung in den USA – niemals hungrig einkaufen gehen!

Liebe Leser,

obwohl wir heute bei Walmart in Kilmarnock deftigst zugeschlagen und für 190 $ flüssigen und 390 $ essbaren Proviant in vier großen Einkaufswagen zum Chevy Cobalt Mietwagen gerollt haben, liegt Gavdos nur unbedeutend tiefer im Wasser – wohingegen der Wagen doch recht tief auf der Straße hing. Wir haben uns für den Luxus entschieden, 50 Gallonen an Wasser in Gallonenflaschen aus dem Supermarkt an Bord zu nehmen, wodurch wir nicht nur einen guten Überblick über die verbleibenden Wasservorräte behalten, sondern auch die 75 Gallonen fassenden Wassertanks umgehen können, die sicher kein besonders leckeres Trinkwasser abgeben würden. Da das Wasser hier in Deltaville nicht nur braunlich schimmert, sondern auch noch selbst unter der Dusche und beim Zähneputzen entsetzlich schmeckt, wollen wir in einer Marina etwa drei Stunden entfernt die Einbautanks spülen und mit frischem Wasser füllen, das wir auf dem Weg nach Portugal als Backup und zum Waschen nutzen wollen. Soweit der Plan. Neben 50 Gallonen Wasser sind noch etwa 80 Liter an Säften, Cola, Fanta, … und dergleichen an Bord, sodass wir nun ausreichend versorgt sein sollten.


Nach zwei Einkaufswagen voll Flüssigkeiten folgten zwei weitere voll mit Pasta, Tomatensauce (der üblichen Nahrung meiner ersten Atlantiküberquerung …), Reis, Pasta, Tomatensauce, Nudelsuppen, Süßigkeiten, Pasta, Tomatensauce, Apfelmus in allen Variationen, Pudding in allen Variationen, Dosenfrüchte, Pasta, Tomatensauce … ;-)

Mit frischer Nahrung wollen wir uns auf dem weiteren Weg nach New York versorgen. Da mir damals auf der Reise mit Maverick auf halbem Atlantik die Süßigkeiten ausgegangen sind, war ich diesmal sehr vorsorglich, was das anging. Beim Auspacken der Tüten war ich dann doch ein wenig erstaunt, wie viel ich eingepackt haben. Jetzt haben wir von 4 großen Schapps für Nahrung ein ganzes Schapp nur für Süßkram!
-> Ergänzung, eine Stunde später, nach dem Abendessen (na was gab es wohl?): Wir haben auch ein ganzes Schapp nur für Pasta und Tomatensauce!!!

Bei der letzten Reise ist es mir so ergangen, dass ich im Supermarkt in Deutschland einige Sachen gekauft habe, die ich vorher noch nie gegessen hatte. Beispielsweise ging es mir mit einer bestimmten Sorte von Knäckebrot so: Das Zeug war einfach genial, ich wollte mehr, aber hatte nur eine einzige Packung an Bord! In Amerika kommt es noch eher vor, dass wir etwas in den Wagen werfen, was wir noch nie probiert haben und eigentlich müsste ich heute so konsequent sein, gleich mehrere davon in den Wagen zu werfen, nur für den Fall. Aber so groß das Verlangen danach war, eine Dose "SPAM" und "Mini-Sausages" in der Dose in den Wagen zu werfen – so groß war doch das Misstrauen, damit vollkommen daneben zu greifen. Vor allem, was Dosenfleisch angeht. So ging es mir damals mit "Baked Beans": In einem Cowboyfilm schienen die Jungs immer begeistert von der Pampe, aber so gut wie alle meiner Dosen, die ich über den Atlantik gesegelt habe, haben die USA verschlossen erreicht …

Angekommen auf dem Boot haben wir den ganzen Einkauf für ein Gruppenfoto auf dem Seitendeck drapiert. Leider waren wir nicht schnell genug und ein Großteil der Schokolade wurde von den Sonnenstrahlen "irreversibel denaturiert", wie es mein Biolehrer ausgedrückt hätte. Trotzdem interessant, die ganze Schose mal auf dem Boot verteilt zu sehen.


Während Egi den Mietwagen zum Verleiher nach Newport News brachte, machte ich mich daran, alles unter Deck auf den abgesenkten Salontisch zu verholen, auf dem ich schlafe. Eine Wahnsinnsarbeit in der prallen Sonne, bei 30 Grad im Schatten.

Abends machten wir uns dann an das, wir wir dachten, unmögliche Kunststück, die ganzen Vorräte unter Deck zu verstauen. Eine Stunde später war alles weg – und man sieht unter Deck nicht einmal, dass das Boot bewohnt ist. Unglaublich! Ein echtes Raumschiff.

Morgen stehen die letzten Arbeiten und vor allem Sicherheitschecks am Boot an und wir sind ziemlich überrascht, dass wir das Boot in effektiv nur drei Tagen von "Eingewintert an Land" zu "Größtenteils einsatzfähig für eine Atlantiküberquerung" bekommen haben. Aber dennoch kann sind es immer wieder die kleinen Details, wie Probleme machen: Beim Stauen der Wassergallonen heute fanden wir beispielsweise beim zufälligen Öffnen einer Blende unter der Spüle den Schlauch der Seewasserpumpe zum Geschirrspülen samt dem Stutzen von der Pumpe abgebrochen zwischen den anderen Schläuchen hängen. Mit offenem Seeventil. Unglaublich. Wären wir so losgesegelt, hätten wir sicher eine Weile gesucht, bis wir das Leck gefunden hätten. Also: Checken, Checken, Checken! Dennoch: Ein Boot wird niemals 100%ig fertig. Wir werden uns mit 99% begnügen, sonst kommen wir nie los …

Morgen checken wir weiter und verholen dann wahrscheinlich rüber nach Fishing Bay, zum Wasser bunkern. Und Sonntag (oder Montag?!), je nach Wetter, sind wir dann auf dem Weg nach New York. Wenn alles gut geht – nonstop. Als Testfahrt für den Atlantik.

Ich melde mich morgen!

Johannes

Donnerstag, 18. Juni 2009

Bastelstunde in Deltaville

Liebe Leser,

nach den stündlich neuen Blog-Einträgen am Dienstag (ich war so begeistert, was mit dem Handy alles geht ;-)) war gestern nun ein Tag Funkstille, weil hier auf dem Land der Handyempfang äußerst Mau ist. Ich hatte gestern sogar schon auf dem Handy einen neuen Bericht getippt, aber er das Netz war einfach zu schwach, um ihn vollständig zu versenden.

Was ist passiert? Nun, wir sind am Dienstagabend gegen halb 10 Ortszeit hier angekommen und haben das Boot bezogen. Im vergangenen Jahr muss wohl etwas Feuchtigkeit unter Deck gelangt sein, weshalb die Wände in der Kajüte eine Art "Flugschimmel" (so ähnlich wie Flugrost …) angesetzt haben. Mit einer Flasche "Mildew Stain Remover - Extra Giftig" war das Zeug aber schnell abzuwischen. Und Egis Hände ein wenig entartet – man sollte wohl doch den Hinweis mit den Gummihandschuhen beachten …

Gegen Mittag flog die "Gavdos" im Travellift über die Schotterpiste hinunter zum Wasser der Chesapeake Bay und schwimmt nun. Nachdem die Stopfbuchse ein wenig geleckt hat, ist sie nun dicht. Der Motor läuft auch und so konnten wir uns den Rest des Nachmittages daran machen den neuen Windgenerator von West-Marine zu montieren. Der Generator vom Typ "Air-Breeze" sieht optisch genauso aus wie der, den ich mir auf Maverick gebraucht in der Karibik gekauft hatte, aber offenbar hat er außer der Optik mit meinem 10 Jahre alten, gebrauchten Modell nicht mehr viel zu tun. Neue, weiße Blätter reduzieren das mir so vertrautgewordene "Flap-Flap-Flap" auf ein Minimum und die kleine LED-Lampe, die mir so oft bei Nacht im Schlauchboot den Weg zurück zur Maverick gewiesen hat, leuchtet nur noch ganz selten.

Hier ist es nun gerade halb 11 Uhr morgens und wir sind schon seit über 3 Stunden auf den Beinen. Egi ist gerade dabei, draußen das Deck zu schrubben, während ich mich um die Bordelektrik kümmere, gestern noch ein neues Schaltpaneel montiert habe und heute das Bedienpaneel der Bilgepumpe überhole und noch einige Steckdosen montiere, damit wir auch auf See regelmäßige Updates senden können. Einen Wechselrichter habe ich eben schon montiert und sitze nun mit meinem kleinen, weißen Mac am Kartentisch, um dieses Update zu schreiben. Obwohl immer noch viele kleine Details und Aufgaben auf der "To-Do-Liste" stehen, kommt immer mehr das Gefühl auf, dass das Schiff schon recht seeklar ist. Und ich merke auch, wie es mir in den Fingern juckt, bald loszufahren. Von mir aus gleich direkt nach New York, zwei Tage Sightseeing – und dann weiter auf die Azoren. Das Boot macht auf jeden Fall einen ziemlich stabilen Eindruck. Mit meiner Maverick kaum zu vergleichen. Auch, wenn wir schon gehört haben, dass die Westsail nicht sehr schnell sein soll, aber das werden wir noch sehen. "Westsnail" oder sogar "Wetsnail" nennen die Einheimischen das Boot hier. Aber immer wenn man gefragt wird, was für ein Boot wir segeln, setzen Bootskundige eine ehrfürchtige Miene auf, wenn sie den Bootstyp erfahren: "That boat can take you anywhere!". Das Gefühl habe ich auch.


Da wir nun endlich wieder Internet haben, werde ich versuchen, täglich ein Update zu senden.

Übrigens: Der Reinfall des Tages war gestern meiner. Immer noch im Jetlag war ich gestern Abend auf dem Weg zum Zähneputzen, als ich eine Abkürzung nehmen wollte, die keine war. Ich der Dunkelheit sah ich nicht, wo der Steg endet … PLATSCH! ;-)

Viele Grüße aus Deltaville, VA!

Johannes

Dienstag, 16. Juni 2009

Hoch ueber dem Atlantik

In 33.000 Fuss Hoehe haben wir eben die Suedspitze von Groenland ueberflogen. Halbzeit. Wahnsinn, wie schnell das geht. Noch 4 Stunden.

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Im Flieger


251 Plätze hat dieser Airbus A330-200, und Egi und ich sitzen ganz zufällig nebeneinander! In 10 min heben wir ab.

Auf dem Flughafen in Hannover


Ein letzter Kaffee auf deutschem Boden. Meine Mutter und meine Oma sind als Abschiedskomitee mitgekommen und mindestens so aufgeregt wie ich. Jetzt geht es in einer Fokker 50 erstmal rüber nach Amsterdam, wo ich 15 min vor Egi lande, bevor wir dann zusammen weiter nach Washington DC fliegen.

Montag, 15. Juni 2009

Noch einmal schlafen …

… und dann heben wir ab mit Kurs Washington. Dann wird die tägliche Berichterstattung beginnen. Dank moderner Technik geht das heute sehr viel komfortabler, als noch auf meiner letzten Reise im Jahr 2005/2006. Damals musste ich noch für jeden der alle fünf Tage erscheinenden Berichte eine eigene Seite in HTML programmieren, die Bilder verlinken und alles auf meine Website hochladen. Damit war ich gut 3-4 Stunden beschäftigt. Dank dieses Google-Blog-Systems schreibe ich nun einen Text als würde ich ein Word-Dokument verfassen, füge die Bilder ein und mit einem Klick ist alles online. Ganz einfach. Auch per Handy und Iridium-Satellitentelefon ist es mir möglich einen neuen Bericht direkt auf der Website online zu schalten. Ich bin echt begeistert, was sich in den paar Jahren verändert hat :-)

Dass es wieder los geht, lässt sich bereits an den Besucherzahlen dieser Website erkennen, die in den vergangenen Tagen enorm gestiegen ist.

Morgen um 10.25 Uhr geht für mich der Flieger von Hannover nach Amsterdam. Dort treffe ich Egi, bevor wir zusammen um 13.15 Uhr Abheben und um 15.30 Ortszeit in Washington D.C. landen. Die Vorfreude steigt!

Johannes

Montag, 8. Juni 2009

Atlantiküberquerung "West-Ost": Nur noch acht Tage!

Liebe Leser,

wie Sie schon allein an dem neuen Design der Website gesehen haben, gibt es viele Neuigkeiten. Ich fange mal vorne an:

Manch einem Leser der YACHT ist in den vergangenen Monaten bereits des Öfteren mein Name ins Auge gefallen – mich haben jedenfalls sehr viele überraschte Mails erreicht, wie es denn kommt, dass ich seit einiger Zeit in jedem Heft auftauche … Die Erklärung: Nach meinem Schiffbaustudium in Kiel hat es mich nach Hamburg verschlagen, wo ich seit einigen Monaten ein Langzeit-Praktikum bei der YACHT mache. Ein spannender und abwechslungsreicher Job, an den ich mich – sollte es die Weltwirtschaft zulassen – gerne weiter machen würde. Wie ich festgestellt habe macht mir das Schreiben jedenfalls sehr viel mehr Spaß, als das Konstruieren von Lukendeckeln auf Containerschiffen.

Neuigkeit Nummer zwei haben Sie sicher schon durch die neue Website erfahren: Fast drei Jahre nachdem ich meine Maverick in Charleston verkauft und den Rückflug nach Deutschland per Flieger angetreten habe, soll es nun einen zweiten Teil des Abenteuers geben.

Vor gut eineinhalb Jahren habe ich auf der Hanseboot 2007 Egmont Friedl kennen gelernt, dessen Knotenbuch sicher einige Leser im Regal stehen haben. Egmont hielt auf der Messe am YACHT-Stand Workshops über Tauwerkschäkel und Seemannsknoten, ich erzählte dem vorbeilaufenden Publikum von meiner Reise auf Maverick. Wir teilten uns ein Mikro.

Egi und ich wohnten im gleichen Hotel, Zimmer an Zimmer. Auf dem allmorgendlichen Weg zur Messe erzählte er mir, dass er sich vor einigen Monaten zwei Colin-Archer-ähnliche Boote in den USA angesehen hatte, aber nicht entscheiden konnte, welches er gerne kaufen würde. Eines Abends hörte ich ihn dann im Nebenzimmer auf Englisch telefonieren, wenige Minuten später klopfte es an meiner Tür: "Komm, ich lad dich zum Essen ein. Ich habe mir gerade ein Boot gekauft!". Er hatte sich für eine Westsail 32 entschieden. Ein unheimlich robustes und seetüchtiges Boot.


Ein Jahr verging. Von Zeit zu Zeit erhielt ich Postkarten vom ersten Probetörn auf der "Gavdos" in der Chesapeake-Bay, dann aus dem Mittelmeer, in dem sich Egi mit seinem Zweitboot, einem offenen Drascombe, nach und nach die Inseln ersegelt.

Vor einigen Monaten erreichte mich dann eine Mail mit einem tollen Angebot: "Atlantik West-Ost Zweihand?"

Auf diesen Seiten werden Sie in den kommenden Wochen unsere Reise verfolgen können. Und nicht nur hier – auch Egi wird auf www.emf-sail.com ein äquivalentes Logbuch führen, sodass Sie das Abenteuer aus beiden Blickwinkeln erleben können.

Am 16. Juni geht unser Flieger in die USA. Von da an wird es regelmäßige Updates geben. Aber auch schon die letzten Tage zuvor werde ich von den Vorbereitungen berichten.

Auf dem Atlantik haben wir zudem die Gelegenheit, täglich einen neuen Logbucheintrag zu versenden. Die Firma Smartsatcom, die mich bereits auf meiner vergangenen Atlantiküberquerung (sehr zur Freude meiner Eltern!) mit einem Satellitentelefon versorgt hatte, stellt uns auch für diese Reise ein komplettes Set samt Email-Verbindung zum Laptop zur Verfügung.

Marinepool ist ebenfalls wieder mit an Bord und versorgte uns mit einem gigantischen Paket voll mit Hochsee- und Hafenbekleidung. Allein das Auspacken des Paketes war besser als die Bescherung an Weihnachten! ;-) Für die Atlantiküberquerung haben wir ein neuartiges Stretch-Ölzeug an Bord, das sich bereits am letzten Wochenende auf der Ostsee als enorm Bequem und Wasserdicht bewährt hat.


Wie in den vergangenen Wochen immer wieder in den Medien zu lesen war, sollen ein Großteil der GPS-Satelliten demnächst wegen Überalterung ausgetauscht werden. Sie sind etwa 20 Jahre alt und wenn man zurückdenkt, welche Computergeneration vor 20 Jahren gerade aktuell war, kann man sich denken, dass es längst an der Zeit ist. Weil der Austauschzeitplan ein wenig hinterher hinkt, die ersten Satelliten nun im Herbst hochgeschossen werden, aber schon seit drei Jahren im Orbit sein sollten, kann es in den kommenden fünf Jahren zu ungenaueren Positionsangaben kommen, weil durch den Austausch nicht mehr genügend Satelliten gleichzeitig am Himmel sind. Daher möchte ich mich auf dieser Reise zusätzlich zum Handheld-GPS noch einmal auf die alten Zeiten zurück besinnen und auf dem Atlantik per Sextant die Positionen bestimmen. Zu diesem Zweck hat mir SVB einen Davies-Sextanten zur Verfügung gestellt. Auf diesem Foto sehen Sie mich bei Trockenübungen in meinem Zimmer. Geht ganz einfach, die Sonne auf das Dach des Nachbarhauses zu setzen …


Letzte Neuigkeit ist die, dass ich wieder Rückfällig geworden bin:

Vielleicht hat manch einer vor kurzem die Titelstory der YACHT gelesen, in der über "Internet für Segler" berichtet wurde. Ich habe darin meine Geschichte mit dem Bootskauf bei Ebay zum Besten gegeben. Noch bevor das Heft erschien, surfte ich per Handy im Internet, als plötzlich eine alte Hurley 22 über das Display segelte. Ich bot – und bekam am selben Abend noch eine SMS vom Auktionshaus.


Seitdem bin ich nun Besitzer einer 1967 gebauten Hurley 22, die wir "Fläckbäsh" getauft haben, weil es mir wie ein flashback vorkam: Anstatt, dass ich wieder ein eigenes, größeres Boot für eine neue Reise um die Welt kaufe, scheinen meine Boote nun wieder kleiner und älter zu werden. In der Tat gibt es an dem Boot auch noch einiges zu machen, man merkt ihm das Alter an. Aber es ist eine tolle Basis für Reisen über die Ostsee, die ich ja bisher nur bis "Südküste Fünen" kenne. Für diesen Herbst und den kommenden Sommer 2010 ist also das Erkunden der baltischen Reviere geplant, bis ich mir irgendwann mal wieder ein etwas größeres Boot zusammensparen kann. Wilfried Erdmann war bei einem Besuch an Bord in Kopperby an der Schlei (meinem Sommerliegeplatz) jedenfalls sehr überzeugt von dem kleinen Boot: "Notfalls kannst du ja auch damit wieder los."




Aber zunächst geht es jetzt erstmal auf der "Gavdos" über den Nordatlantik. Ich würde mich sehr freuen, Sie dabei an Bord dieser Website begrüßen zu dürfen!

Viele Grüße aus Kiel,

Johannes

P.S.: Spannend zu verfolgen sind derzeit auch die Seiten www.beluga-racer.de (Boris Herrmann und Felix Oehme auf ihrer letzten Etappe nach Portugal) und www.einhandsegeln.de (Uwe Röttgering mit seiner tollen Yacht FANFAN! während des OSTAR-Races nach Newport).